Daniel Espinosa Exklusiv-Interview zu Safe House

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Marcus Fliegel: Sie haben vor "Safe House" erst einen einzigen anderen Film gedreht. Wie sind sie denn auf den Regiestuhl einer großen Hollywoodproduktion gekommen ?


Daniel Espinosa: Drei Produzenten von Scott Stuber Productions, die mit Universal Studio zusammenarbeiten, hatten meinen letzten Film "Easy Money" gesehen und waren interessiert. Darum schickten sie mir das Drehbuch. Zu der Zeit hatte ich bereits 40 andere Dehbücher erhalten, aber ich suchte nach Studios, die Erfahrung mit europäischen Regisseuren haben und Filme gedeht hatten, die ich respektiere. Ich fand Paul Greengrass´ Arbeit an den "Bourne"-Filmen war sehr vergleichbar mit seinen europäischen Arbeiten. Er hat es geschafft seinen Stil von „Sunday Bloody Sunday" und anderen Filmen beizubehalten. Darum fand ich Universal wäre der richtige Platz für mich, denn man will in Hollywood ja nicht seine Seele verlieren. Dann gäbe es gar keinen Grund überhaupt dorthin zu gehen.
Ich habe mir das Drehbuch dann genauer angeguckt und konnte es nicht mehr weglegen, es hat ein starkes Timing, viel Bewegung und gute Überraschungen. Es vermittelt dir das Gefühl, hinter die Kulissen zu schauen und Bereiche der CIA zu entdecken, die man vielleicht noch nicht kannte. Das hat mich fasziniert.

Marcus Fliegel: Auf den ersten Blick wirkt die Geschichte von „Safe House" wenig überraschend: ein Anfänger und ein erfahrener Agent bilden ein Team und gemeinsam müssen sie gegen Verräter in der CIA antreten. Aber zwischen den Zeilen geht es um viel mehr. Waren diese verschiedenen Ebenen immer im Drehbuch oder haben sie das eingefügt, damit der Film sich von anderen Actionfilmen unterscheidet ?

Daniel Espinosa: Das Spannende für mich war, in den USA mit den Traditionen zu spielen. Sie geben dir Material, dass man als wenig überraschend bezeichnen könnte, aber das ist die Herausforderung. In meinen Filmen konzentriere ich mich auf die Charaktere und versuche verschiedene Ebenen einzubauen. In meinem schwedischen Film „Easy Money" war eine Figur ein jugoslawisch-serbischer Killer mit einer Tochter. Das ist sehr klischeehaft. Aber auch wenn wir etwas als Klischee bezeichnen, die Menschen dahinter sind keine Klischees.

Marcus Fliegel: Sie haben die "Bourne-Filme als Inspiration genannt. Es ist sicher kein Zufall, dass ihr Kameramann Oliver Wood auch alle drei Bourne-Filme gedreht hat.

Daniel Espinosa: Ich habe viele verschiedene Kameraleute getroffen und alle hatten ihre eigenen Vorstellungen. Oliver ist ein alter Typ und er hat nicht nur die „Bourne"-Filme gedreht, sondern auch Filme wie „Face/Off". Er hat viele verschiedene Stile benutzt. Er ist wie ein alter Hippie, ein Tai-Chi-Guru mit Haaren bis zur Hüfte. Er kam zu mir und sagte: „Hey, Mann wenn du mit mir arbeitest, kannst du machen was du willst, weil die Produzenten mir vertrauen". Das gefiel mir, denn wenn man einen großen Studio-Film dreht, hat man immer Angst dass man gezwungen wird, seinen eigenen Stil aufzugeben. Wenn sie sich „Safe House" und meinen letzten Film „Easy Money" anschauen, sind sie stilistisch eher vergleichbar als „Safe House" und die „Bourne"-Filme.

Marcus Fliegel: Für ihre erste internationale Produktion haben sie ein ziemlich beeindruckendes Ensemble beisammen mit Ryan Reynolds und Denzel Washington. War das ein bißchen angsteinflößend, schließlich war Denzel Washington zusätzlich auch einer der Produzenten und damit sowas wie ihr Boss ?

Daniel Espinosa: Ich sehe Produzenten nicht als meine Bosse. So läuft das bei mir nicht. Ich komme aus einer Tradition wo ich als Regisseur der Boss bin. Ich mache den Film und wenn sie damit ein Problem haben, kann ich ja nach Hause gehen.
Denzel Washington hatte auch nie seinen Produzentenhut auf, er hat nie Druck ausgeübt, er war immer sehr, sehr nett. Für mich war es aber dennoch anfangs einschüchternd mich mit ihm zusammenzusetzen, denn er ist einer der Schauspieler, die ich seit meiner Kindheit bewundere. Ich musste einen Weg finden damit klarzukommen.
Wenn du einen Film drehst, solltest du der Kapitän an Bord sein, und wenn du das nicht kannst, solltest du es lassen. Ich redete mit Freunden in Stockholm und sagte "Ich kann doch nicht am Set auftauchen ohne ihn zu kennen. Woher weiß ich, wie er tickt ?" Einer meiner Freunde meinte: „warum schreibst du nicht zusammen mit ihm ?" Ich fand das eine großartige Idee, ging zu meinem Produzenten und sagte: „Hat Denzel Zeit,um sich mit mir zusammenzusetzen und am Drehbuch zu arbeiten ?" Sie fragten ihn, Denzel stimmte zu und wir schrieben drei Monate lang am Drehbuch und an seiner Rolle. Es war aber auch eine Gelegenheit einfach nur mit ihm zu reden. Man kommt sich menschlich näher und kann echte Diskussionen haben, weil man sich kennt und keine Angst hat. Man kann miteinander kämpfen und schreien, streiten und reden - nicht nur über den Film sondern darüber wer wir sind , wo wir herkommen. Bei den Dreharbeiten waren wir dadurch Kameraden und wussten woran wir sind.


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