Interview mit Werner-Erfinder Rötger Feldmann

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MF: Aber haben die Kids nicht Probleme, den Zugang zu finden ?

Brösel: Ja, die Zeit ist ein bichen anders. Aber weil die Werner-Filme dauernd im Fernsehen wiederholt wurden, mögen ihn auch die Kinder. Und vielleicht hat Vati die alten Bücher auch noch auf dem Klo stehen, so da sie mal drin lesen und das cool finden.

MF: Der Spirit von Werner ist also doch zeitlos. Ein Rebell gegen die Ordnung ist ja heute auch nötiger als jemals zuvor.

Na klar, seh’ ich auch so. Ich hab’ auch richtig Lust neue Geschichten zu schreiben. Was mich bisher daran gehindert hat, war, dass wir noch an der Digitalisierung der alten Bände arbeiten. Wäre schade, wenn sie vom Markt verschwinden würden. Stoff gibt’s ohne Ende: Facebook, iPad und der gesamte globale Netzwahnsinn, der früher noch nicht da war. Vielleicht wäre eine neue Geschichte, dass Werner ein bißchen älter geworden ist, dass er vielleicht Neffen hat wie Tick Trick und Track, oder wie Käpt’n Blaubär und seine Kinder – die immer nicht glauben wollen was er erzählt, das würde ich vielleicht toll finden.

MF: Hat Werner eigentlich auch Fans im Ausland, kommt die Figur auch da an?

Wir haben ganz früher mal Bücher für Skandinavien gemacht. Ein Film ist mal Englisch übesetzt worden. Es gab auch mal Interesse aus orientalischen Ländern, Indonesien, Indien weil die viel Moped fahren. Aber da hat sich nichts konkretes ergeben, die zahlen ja nix. Das ist auch schwer so´n Schwachsinn zu übersetzen. In Amerika würde das gar nicht funktionieren, Lehrling, Meister, Geselle, das gibts da gar nicht, die würden das gar nicht verstehen

MF: Es gab auch mal die Idee ein Wernerland zu bauen – oder war das nicht ernst gemeint ?

Ja, nee, das ist zuviel Arbeit. Obwohl, warum nicht ? Mit Scootern und komischen Fahrzeugen. Das was bei mir zuhause steht, das könnte man da alles hinstellen. So´n Museum in der Mitte und außenrum die ganzen Fahrgeschäfte. Aber dass ist mir alles zu anstrengend, da musst du einen Riesenclan an Menschen haben die das umsetzen und die nerven dich alle. Bei meinem Bruder und mir zu Hause ist das schon so ne Wernerwelt. Und es gibt auch noch viele andere, die das betreiben. Ich find das schon erstaunlich.
Auf unserer Facebookseite haben die Leute Bilder von ihren Fahrzeugen eingeschickt. Es ist schon Substanz da, dass das weiterwächst, dass die das machen. Man kann vieles ins Leben rufen. Das war schon so als wir 2004 das Rennen auf dem Lausitzring gemacht haben. Besonders die Leute aus dem Osten mit ihren alten Motoren, was die alles gebaut haben ! Wir hatten da 20-30 wirklich skurile Fahrzeuge - und die funktionierten auch.

MF: Es war in den Werner-Filmen immer wichtig, dass die Motoren gut aussehen – auch in diesem.. aber der Stil hat sich geändert, der war früher ruppiger.

Ja die Motoren sind gut geworden. Es ist ein bißchen 3D-mäßiger und auch die Fahrzeuge sind gut wiedergegeben - da hab ich auch Wert drauf gelegt, dass das authentisch rüberkommt.

MF: Sie haben zum erstenmal selbst Regie geführt, zusammen mit Gernot Roll, sie beim Trickfilm, er bei den Realszenen. Wie war das ?

Brösel: Ich hab mich mit Gernot Roll total gut verstanden, ich hab ihm auch ein bißchen assistiert und gesagt, wie meine Sachen so ticken: „So was würde der nicht sagen, das muss anders". Ich fands auch gut dass er sich nicht ganz so strikt ans Drehbuch gehalten hat, sondern auch auf uns Norddeutsche gehört hat. Das war beim ersten Film nämlich nicht so. Der Ernst Kahl hatte das Drehbuch geschrieben und das wurde strikt eingehalten, wortwörtlich. Dem Regisseur Niki List konntest du nicht sagen "Das sag ich jetzt aber nicht". Das fand ich damals `n büschen doof.

MF: Was fährt Brösel im Alltag für ne Maschine ?

Ich hab ne alte Harley Davidson Panhead – aber die hat mal wieder keinen TÜV. Ich hab sehr viele alte Maschinen, meine ganze Horexflotte steht da rum. Aber die Harley geht richtig ab. Die ballert, die macht Spaß. Ich will keine keine moderne Harley die auf Knopfdruck startet.

MF: Wie wärs mit einem Elektrobike ?

Brösel (verächtlich): Elektrobike ! Die sind ja sogar gefährlich, die hörst du ja gar nicht, das ist ja wie’n Fahrrad.

MF: Aber die haben eine Mordsbeschleunigung…

Brösel: Das ist mir scheißegal! Es gibt ja auch Hondas, Kawasakis, Yamahas, die fahren 300, aber das reizt mich nicht. Mich reizt diese alte Technik `n schöner VMotor mit Riesenzylindern und da wird Benzin verbrannt. Ne bessere Art der Fortbewegung gibt’s doch gar nicht. Ich will kein Hybrid und kein Wasserstoff! Es gibt doch auch Ethanol und Alkohol, das riecht auch gut und ist umweltfreundlich. Wenns kein Benzin mehr gibt, dann raffinier’ ich mir das selbst.

Hier könnt ihr euch den Trailer, die Filmkritik und alle weiteren Specials zu WERNER: EISKALT angucken.

Brösel Autogramm
Brösel Autogramm

Der Film kehrt zurück zu den Wurzeln von Werner. Wir sehen erstmal die Kindheit des Comic-Helden – und den absoluten Höhepunkt der Wernermanie, das legendäre Rennen zwischen Werners ewigem Rivalen Holgi im Porsche und Werner auf dem Red Porsche Killer in Hartenholm, durch das halb Norddeutschland lahmgelegt wurde.

Brösel: Die Aufnahmen von Hartenholm sind auch im Film drin. Die Qualität ist nicht so doll, aber das sind kulturelle Dokuaufnahmen. Das ist das Coole daran. Das Wacken-Festival gab’s damals noch gar nicht. Es gab damals nur Woodstock - und Fehmarn hatten wir auch mal. Aber das Rennen in Hartenholm hat alles geschlagen. Da waren 250.000 Leute. der Elbtunnel war dicht, und am Montag gabs in 50 km Umkreis keine Brötchen und keine Milch und kein Benzin mehr.

MF: Der neue Film ist ja quasi ein Biopic – die Lebensgeschichte von Werner.

Brösel: Ja, vom Kinderwagen bis in die ferne Zukunft, ja das is´ so. Wir haben auch gedacht , es wird langsam mal Zeit das zu machen , weil bei Star Wars sind sie auch in die Vergangenheit zurückgekehrt. Wie hat der ganze Quatsch angefangen ? Und das kann man hier ein bißchen sehen. Aber die Geschichte hat auch einen Bogen - von Anfang bis Ende.

MF: Das scheint mir auch ein Unterschied zu den früheren Filmen zu sein. Ich will ja nicht sagen, die hatten kein Konzept….

Brösel: Nee, das stimmt, die hatten manchmal kein Konzept, geschweige denn einen Plan. Aber diesmal ... das hab ich auch dem Produzenten Herman Weigel zu verdanken. Das war so lustig. Herman Weigel hat uns immer wieder auf den Teppich zurückgeholt. Wo wir überall waren. Wir haben bestimmt noch Stoff für fünf Filme geschrieben – aber nicht das was wir sollten. Er kam immer aus München angeflogen und hat gesagt "Leute wo seid ihr, was habt ihr da wieder für´n Scheiß geschrieben”. Wir waren mit Meister Röhrich schon im finstersten Mittelalter: Ex-Gummibur, der Kampfflansch der Gerechtigkeit, den soll er vom Stein ziehen wie Excalibur. Wir haben ihm das immer ganz stolz vorgelesen - und er meinte nur "Nee Leute, so geht das aber nicht."

(An der Stelle kommt ein Zwischenruf von Herman Weigel) "Es war aber alles witzig".

Brösel:...es war witzig, aber es war zu viel. Die Szene mit Meister Röhrich und dem Pümpel im Gesicht, das ist Stoff aus einem meiner Bücher, aber wir haben die Story verändert. Werner hat die ganze Zeit nichts anderes vor als sein Moped zu tunen. Und wir fanden, da passt die Geschichte ganz gut rein. Geschichten mit Meister Röhrich dürfen in einem Werner-Film auf keinen Fall fehlen.

MF: Beim letzten Film waren sie zum Drehbuchschreiben noch wochenlang auf den Bahamas...

Brösel: Deswegen waren die Filme auch nicht so authentisch wie dieser. Der ist jetzt auch am Drehort entstanden. Wir saßen in Kiel in der Forstbaumschule, im Hotel Kaufmann und was weiß ich noch wo überall. Die Leute haben gedacht "jetzt kommen die schon wieder". Wir haben manchmal ein halbes Jahr an einem Tisch gesessen, jeden Morgen wieder. Wir haben noch im November unter Gaslaternen im Freien ausgeharrt, als einzige, weil wir im Sommer auch schon da gesessen haben. Wir wollten nicht unseren Tisch wechseln. Wir haben in Kiel geguckt, was is´ da so los. Da gibts die Hochbrücke, die haben wir wunderbar eingebaut. Da wird mein Sarg runtergeschmissen. 60 Meter freier Fall und das musste ich viermal mitmachen, mein lieber Olli - der Aufschlag jedesmal und alles ohne Doppelmann !

MF: Sie haben mal gesagt "Ich bin kein Schauspieler, das weiß ich auch". Dafür sind sie aber doch recht lange auf der Leinwand zu sehen.

Brösel: Ja als Toter. Das war schwer tot zu sein. Anfänglich wurde darüber nachgedacht, den Brösel durch einen professionellen Schauspieler zu ersetzen, damit haben sie mir gedroht. Da hab ich gesagt, das ist doch doof. Brösel ist nunmal Brösel und die Leute kennen meine Fresse. Das kann man machen wenn man tot ist. Und finde mal einen, der so bekloppt ist.

MF: Weil er Werner Lebensgeschichte erzählt, fühlt sich der Film wie ein Abschluss an. Ist das der letzte Werner-Film ?

Brösel: Nein, das ist auch genau wie bei Star Wars, das geht ja auch immer irgendwie weiter. Ich denke nicht, dass das der Letzte war. Das hängt aber auch davon ab wie das den Leuten gefällt und ob ich noch Bock hab. Wenn das keiner mehr sehen will, dann hat das auch keinen Sinn mehr daran rumzukrampfen. Das muss man schon den Menschen überlassen.

MF: Aber Ideen gibt’s noch ?

Brösel: Stoff haben wir ohne Ende. Meine Exzellenz steht doch auf dem Spiel ! Das sagt der Bulle auch im Film "Unsere Exzellenz steht auf dem Spiel”. Das mit den Rockern und den Polizisten war auch klasse, dass die Wernersens geehrt werden sollen, und dass die Polizisten einen Anschiß kriegen, weil sie die immer so quälen. Das ist eine Geschichte, die sich mein Co-Autor Thomas Platt ausgedacht hat, das hatten wir auch in einem der Bücher so ähnlich schon mal verwendet.

MF: In der vielleicht verrückteten Szene wird Werner von Mangafiguren umzingelt. Ist das eine Szene, die von der Realität inspiriert wurde ?

Brösel: Ja das stimmt, überall liegen diese Mangaschwarten rum um, Werner ist überhaupt nicht mehr da. Das ist auch ein bißchen Eigenschicksal, das wir da eingebracht haben. Ich hab da aber keine Angst vor. Wenn das so is´, dann isses so. Aber man merkt doch, dass die Leute Werner immer noch gut finden.