Regisseur Alex Proyas im Interview zum Start des Films KNOWING
09.03.2009
Herr Proyas, was steckt hinter der doch sehr düsteren, apokalyptischen Zukunftsvision
von KNOWING?
Nun, ich werde an dieser Stelle natürlich nichts über das Ende des Films verraten, denn das
wäre in diesem Fall ganz besonders fatal. Aber davon abgesehen, empfinde ich den Film
ohnehin nicht als einen düsteren oder pessimistischen, sondern halte ihn im Gegenteil für
sehr hoffnungsvoll. Letzten Endes handelt er von der Hoffnung, die wir an unsere Kinder
weitergeben, und davon, dass das Leben in der Zukunft weiter geht. Vorher passieren
natürlich auch einige fürchterliche Dinge – aber das ist ja in den tatsächlich apokalyptischen
Zeiten, in denen wir leben, noch nicht einmal mehr etwas Besonderes. Es war mir also
wichtig, dass der Film die Zeit widerspiegelt, in der er entstanden ist. Außerdem sollte
KNOWING ein Katastrophenfilm sein, der seinem Namen auch alle Ehre macht und am
Ende nicht feige kneift. Aber noch wichtiger war mir, wie gesagt, die Hoffnung.
Was meinen Sie, wenn Sie von apokalyptischen Zeiten sprechen? Könnte das Ende
der Welt tatsächlich nahe sein?
Ich hoffe es natürlich nicht. Und wenn ich wissen
würde, dass es so ist, dann würde ich vermutlich
nur noch wie ein Irrer schreiend durch
die Gegend rennen und versuchen, die Leute
zu warnen. Aber ich bin auf jeden Fall der Ansicht,
dass unsere Zivilisation mittlerweile an einem
Punkt angelangt ist, an dem wir Menschen
einige wirklich ernsthafte Entscheidungen treffen
müssen. Wir müssen aufhören, unseren
Kopf in den Sand zu stecken wie ein Vogel
Strauß, was wir leider viel zu gerne und viel zu
oft tun. Stattdessen müssen wir endlich etwas
verändern, denn die Zeit wird bald knapp. Wenn
ich dafür mit KNOWING noch einmal ein wenig
Aufmerksamkeit schaffen kann, würde mich das
als Regisseur natürlich sehr glücklich machen.
Dass es die kommende Generation, also
unsere Kinder, ist, auf deren Schultern die
Hoffnungen und Erwartungen der Menschheit
liegen – haben wir das schon wirklich
begriffen?
Nein, leider nicht, und das ist sehr traurig. Es erscheint auf den ersten Blick so offensichtlich,
aber trotzdem hinterlässt jede Generation der nächsten einen riesigen Haufen Mist, ohne
sich darüber Gedanken zu machen. Ich finde es höchst erstaunlich, dass Menschen sich
individuell immer wieder unglaublich Sorgen um ihre Kinder machen, wovon aber kaum etwas
übrig bleibt, sobald es nicht mehr um den Privatbereich, sondern die Allgemeinheit geht.
Dabei muss es in meinen Augen das Wichtigste sein, der kommenden Generation nicht nur
Hoffnung, sondern eben auch eine Welt zu hinterlassen, die nicht völlig ruiniert ist.
Haben Sie denn Recherchen angestellt, wie realistisch die im Film gezeigten
Szenarien sind?
Selbstverständlich! Alles was wir zeigen, ist zwar nicht unbedingt wahrscheinlich, aber absolut
im Bereich des Möglichen. Es war uns schon sehr wichtig, dass von der wissenschaftlichen
Seite her alles stimmt, selbst wenn vermutlich eher ein Meteorit die Erde zerstören
wird, als dass das eintritt, was sich in KNOWING ereignet.
Wie stark ist Ihr eigenes Interesse an der Zukunft, an Prophezeiungen? Würden Sie
wissen wollen, was Ihnen und Ihren Lieben bevorsteht?
Wirklich beantworten kann ich Ihnen das nicht. Immerhin habe ich einen ganzen Film zu dieser
Frage gedreht und mich in den vergangenen Jahren eigentlich mit nichts anderem beschäftigt
als mit allen möglichen Positionen dazu. Rose Byrnes Figur hat in KNOWING auf
die Frage eine ganz andere Antwort als Nicolas Cage, aber ich finde beide sehr nachvollziehbar.
Dass dieses Thema auf jeden Menschen eine gewisse Faszination ausübt und dabei
immer wieder eine ganz individuelle Angelegenheit ist, fand ich an dieser Geschichte
besonders spannend.
KNOWING besticht durch einige beeindruckende
Bilder und Szenen. Welche davon hatten Sie
schon vor Drehbeginn ganz klar im Kopf?
Den Flugzeugabsturz beispielsweise sah ich schon
ganz klar vor meinem inneren Auge, als wir noch am
Drehbuch arbeiteten. Ich wusste immer, wie ich ihn
drehen würde, nämlich in einem einzigen Take.
Auch den Polizisten, der erschrocken hoch guckt
und dann wegläuft, hatte ich früh im Kopf, denn ich
finde es immer höchst amüsant, wenn Polizisten
wegrennen wie Feiglinge. Es ging jedenfalls nur
noch darum, wie ich das technisch alles umsetzen
kann. Bei anderen Szenen wie etwa dem U-Bahn-
Crash hatte ich vorab eine grobe Ahnung, was passieren
sollte, doch den genauen Ablauf haben wir
dann in der direkten Arbeit entwickelt. Ich habe mich
dieses Mal gezwungen, nicht ganz so strukturiert
und mit Storyboards geplant zu arbeiten, wie ich es
sonst eigentlich immer tue.